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Leipzig – Bei manchen Menschen mit Depression oder Schizophrenie helfen weder Medikamente noch Psychotherapien in ausreichendem Umfang. Ihnen könnte eine zusätzliche Behandlung mit elektrischem Strom oder Magnetfeldern Linderung bringen. Das ist eines der Themen der Deutschen Gesellschaft für Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung anlässlich ihrer 61. Jahrestagung. Auch wenn die Studienlage für viele der Stimulationstechniken noch nicht eindeutig ist, sollte diese Behandlungsmöglichkeit bei schweren Krankheitsfällen genutzt werden. Über aktuelle Erkenntnisse zu Hirnstimulation bei psychiatrischen Erkrankungen berichten Experten auf einer Pressekonferenz am 27. April in Leipzig.

Trotz eines reichhaltigen Angebots an Medikamenten und Psychotherapie leiden viele Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen wie beispielsweise einer Depression oder Schizophrenie noch sehr stark untern ihren Symptomen. „Bei beiden Erkrankungen ist die Aktivität der Nervenzellen in bestimmten Hirnarealen gestört“, erklärt Professor Dr. med. Andreas J. Fallgatter von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Tübingen. „Mithilfe eines schwachen elektrischen Stroms oder von Magnetfeldern versuchen wir, die Aktivität der betroffenen Hirnregionen entweder zu stimulieren oder zu hemmen“. Dazu können Ärzte auf verschiedene moderne Methoden wie die Magnetstimulation und die Gleichstromstimulation in Ergänzung zur klassischen Elektrokonvulsionsbehandlung zurückgreifen. Anders als bei der Tiefen Hirnstimulation, bei der Chirurgen die Elektroden mit einer Operation dauerhaft ins Gehirn einsetzen, sind diese Techniken nicht invasiv: Die Elektroden haften nur für die Dauer der Therapiesitzung auf der Kopfhaut.

Noch gehört die nicht-invasive Hirnstimulation in Deutschland nicht zur Standardtherapie bei psychiatrischen Erkrankungen. Die Studienlage sei noch nicht für alle Verfahren und bei allen genannten Erkrankungen ausreichend, um die langfristige Wirksamkeit dieser Methode zu bestätigen, so Fallgatter. „Dennoch wird beispielsweise die Magnetstimulation in vielen Kliniken schon zur Behandlung von Depressionen und Schizophrenien, bei denen schon eine überzeugende Datenlage besteht, eingesetzt.“ Bei dieser Methode werden die Gehirnzellen über ein rasch wechselndes Magnetfeld erregt oder gehemmt. Die antidepressive Wirkung der Magnetstimulation im linken Stirnlappenbereich wurde in mehreren Studien an über 3000 Patienten bestätigt. „Hier muss noch untersucht werden, ob die Magnetstimulation auch als Ersttherapie infrage kommt oder nur als Ergänzung zu Medikamenten und Psychotherapie“, sagt Fallgatter. In einigen Studien mit Schizophrenie-Patienten konnten akustische Halluzinationen – das Hören von Stimmen und Geräuschen – mithilfe der Magnetstimulation um bis zu 50 Prozent verringert werden. Ob die Stromtherapie auch gegen andere Symptome wie Emotionslosigkeit, sozialer Rückzug oder kognitive Störungen hilft, können Experten anhand der vorliegenden Daten noch nicht beurteilen. Gefährlich sei die Therapie aber sicherlich nicht, sagt Fallgatter: „Wenn die Symptome sehr stark sind und keine andere Behandlung hilft, bietet die Hirnstimulation also eine mögliche Alternative.“

Wie die verschiedenen Techniken der Hirnstimulation funktionieren und bei welchen Erkrankungen sie helfen, erklären Neurophysiologen auf einer Pressekonferenz, die anlässlich der 61. DGKN-Jahrestagung in Leipzig stattfindet.

Bei Veröffentlichung Beleg erbeten.