„Lebenslanges Lernen“: Wie innovative Technologien die Klinische Neurophysiologie und Neuromedizin verändern
Welche Fortschritte in Technologie, Bildgebung und KI treiben die Klinische Neurophysiologie und Hirnforschung voran? Welche neuen Erkenntnisse eröffnen innovative Ansätze in Diagnostik und Therapie neurologischer Erkrankungen? Wie kann neurophysiologische Expertise in Wissenschaft und Klinik trotz wachsender ökonomischer Herausforderungen nachhaltig gesichert werden? Der Kongress für Klinische Neurowissenschaften fand vom 12. bis 15. März 2025 unter der Leitung von Kongresspräsidentin Prof. Susanne Schubert-Bast in Frankfurt statt. Er setzte unter dem Motto „Lebenslanges Lernen – von Entwicklung zu Reorganisation“ richtungsweisende Impulse für die Zukunft der Hirnforschung, Neurologie und Hirngesundheit. Mit 1.200 Teilnehmenden aus den medizinischen Bereichen Neurologie, Neuropädiatrie, Neurochirurgie und Psychiatrie sowie angrenzenden Disziplinen wie Psychologie, Medizintechnik, IT und Ingenieurwissenschaft bot die Veranstaltung im Kap Europa ein hochkarätiges Programm: 37 wissenschaftliche Symposien, 50 Fortbildungskurse, zahlreiche Highlight-Veranstaltungen sowie Vorträge von 340 Referentinnen und Referenten, darunter international renommierte Keynote-Speaker. Das 75-jährige Bestehen der DGKN verlieh dem Jubiläumskongress besondere Bedeutung.
„Der DGKN-Kongress ist nicht nur ein interdisziplinäres Treffen von Expertinnen und Experten der Neurophysiologie, sondern auch ein Blick in die Zukunft der diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten“, erklärt Prof. Schubert-Bast zum Auftakt. „Hier stellen wir gemeinsam die Weichen für personalisierte Therapien, neue Diagnosemethoden und innovative Technologien, die das Potenzial haben, zukünftig Patientinnen und Patienten weltweit zu helfen.“
Fachliches Update in vier Tagen – mit einigen Neuerungen
Ein Themenschwerpunkt des Kongresses war die neuronale Plastizität und Reorganisation des Gehirns über die gesamte Lebensspanne. Prof. Susanne Schubert-Bast betonte im Präsidentensymposium die Bedeutung der frühkindlichen Entwicklung und deren Störungen durch Epilepsien. Prof. Hartwig Roman Siebner, Leiter des Danish Research Centre for Magnetic Resonance (DRCMR) in Kopenhagen, thematisierte die Kartierung der Entwicklungsbahnen des menschlichen Gehirns über die Lebensspanne. Prof. Brigitte Röder, Professorin für Biologische Psychologie und Neuropsychologie an der Universität Hamburg, referierte über die Rolle früher Erfahrungen für die Hirnentwicklung. Prof. Ulrich Brandl, ehemaliger Direktor der Abteilung Neuropädiatrie der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Jena, sprach über die automatisierte EEG-Analyse im Zeitalter der KI.
Innovative Technologien und KI in Forschung, Diagnose und Therapie
Der Einsatz innovativer Technologien prägte viele Diskussionen auf dem Kongress. Die Keynote-Lectures renommierter internationaler Expertinnen und Experten zeigten eindrucksvoll, wie solche Ansätze die Forschung vorantreiben und neue Möglichkeiten in der Diagnostik und Therapie neurologischer Erkrankungen eröffnen. Beeindruckend waren unter anderem die Fortschritte im Bereich der Gehirn-Computer-Schnittstellen, die Francis Robert Willet zeigte. Der Assistenzprofessor für Neurochirurgie an der Stanford University forscht an innovativen Technologien, die es Menschen mit neurologischen Beeinträchtigungen ermöglichen, neuronale Signale in Bewegungs- und Sprachbefehle umzuwandeln. Er zeigte Beispiele, wie gelähmte Menschen durch Gedankensteuerung an Konversationen teilnehmen.
Hochkarätige Vorträge und interdisziplinärer Austausch
Prof. Cecil Hahn von der University of Toronto präsentierte neue Ansätze der EEG-Überwachung auf Intensivstationen. Prof. Julia Jacobs-LeVan vom Alberta Children´s Hospital Kanada sprach zu Hochfrequenzoszillationen als Biomarker in der Epilepsieforschung. Joint Sessions mit Fachgesellschaften wie der Organization for Human Brain Mapping (OHBM), der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie (DGfE) und der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke (DGM) förderten den interdisziplinären Dialog. Im fachübergreifenden „Hack-Room“ entwickelten Forschende und IT-Talente innovative Lösungsansätze für medizinische Anwendungen der Neuroinformatik. Der neu konzipierte Club-Abend bot Gelegenheit zum Networking in ungezwungener Atmosphäre.
Praxisorientierte Fortbildungen und Patientenveranstaltung
Neben wissenschaftlichen Vorträgen bot der Kongress praxisnahe Fortbildungen, darunter klinische Praxiskurse und ein neues Video- und Diagnostikforum zu neurophysiologischen Fällen. Die DGKN-Fortbildungsakademie bot über 50 zertifizierte Kurse, um Fachleute unterschiedlicher Ausbildungsstufen dabei zu unterstützen, mit der rasanten Weiterentwicklung neurophysiologischer Methoden Schritt zu halten. Ein besonderer Fokus lag auf innovativen Ansätzen wie dem Frankfurter FEES-Kurs zur Schluckdiagnostik. Mit einer Public Lecture zu den medizinischen Fortschritten, die das Leben mit einer neurologischen Erkrankung im Alltag verbessern, öffnete sich der Kongress für alle Interessierten.
Ausgezeichnete Wissenschaft und Nachwuchsförderung
Barbara Hollunder, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Klinik für Neurologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin, erhielt den Nachwuchsförderpreis Funktionelle Bildgebung. Ihre in Nature Neuroscience publizierte Studie identifiziert Hirnschaltkreise, deren Stimulation zu maximalen Behandlungserfolgen bei Parkinson, Dystonie, Zwangsstörung und Tourette-Syndrom führt. Der renommierte Neurologe und Neurowissenschaftler Prof. Cornelius Weiller (Freiburg) wurde für sein Lebenswerk in der Neurophysiologie mit der DGKN-Verdienstmedaille geehrt. In der Neuropädiatrie ernannte die DGKN Prof. Ulrich Brandl (Jena) zum Ehrenmitglied und Prof. Julia Jacobs-Levan (Calgary) zum korrespondierenden Mitglied.
75 Jahre DGKN: Meilensteine und Herausforderungen
Das 75-jährige Bestehen der DGKN wurde mit einer Spotlight Lecture gefeiert, die den Weg von den Anfängen des EEG bis hin zu modernen Technologien wie Hirnstimulation und Brain-Computer Interfaces nachzeichnete. Die DGKN hat sich seit ihrer Gründung im Jahr 1950 als treibende Kraft in der Weiterentwicklung der Neurowissenschaften etabliert – ein Vermächtnis, das auf dem Jubiläumskongress gewürdigt wurde. „Die Digitalisierung hat neue Möglichkeiten geschaffen im täglichen Umgang mit den Methoden. Eine der größten Herausforderungen ist heute, Big Data und KI richtig in unsere Methoden zu integrieren und die menschliche Expertise zu sichern“, betonte Prof. Jan Rémi, München, der mit erfolgreichem Abschluss des diesjährigen DGKN-Kongresses sowohl die Präsidentschaft der Gesellschaft als auch die Kongresspräsidentschaft übernommen hat. „Die DGKN hat maßgeblich dazu beigetragen, die Grenzen des Wissens über die Funktion von Gehirn und Nerven zu erweitern und neue moderne Therapien zu entwickeln.“ Die angeregte Diskussion unter den Teilnehmenden zeigte, wie wichtig die Aufgabe der DGKN ist, die Bedeutung der Neurophysiologie für Diagnostik und Therapie sichtbar zu machen, damit essenzielle Aspekte neurologischer Versorgung trotz ökonomischer Zwänge nicht vernachlässigt werden.

Blick in die Zukunft der Neuromedizin
Der Kongress für Klinische Neurowissenschaften 2025 war erneut eine eindrucksvolle Demonstration wissenschaftlicher Exzellenz und interdisziplinärer Zusammenarbeit. Das Programm zeigte, wie lebenslanges Lernen nicht nur ein Thema für Patientinnen und Patienten ist, sondern auch für die Wissenschaft selbst gilt. Mit seinem Fokus auf technologischen Fortschritten und praxisorientierter Fortbildung setzt er wegweisende Akzente in Hirnforschung und Neuromedizin – ein inspirierendes Ereignis für alle Teilnehmenden und ein wichtiger Schritt in Richtung einer besseren Hirngesundheit.
Medieninteresse und internationales Symposium vor dem Kongress
Auch die Fach- und Publikumsmedien waren wieder sehr an den aktuellen Themen der Klinischen Neurophysiologie und an einem persönlichen Austausch mit den Expertinnen und Experten interessiert: Für die Online-Pressekonferenz mit vier DGKN-Expertinnen und Experten im Vorfeld des Kongresses hatten sich 39 Teilnehmende registriert.
DGKN26 – Neuronale Funktion: Verstehen, Erhalten, Modulieren
Der DGKN-Kongress 2026 findet vom 25. bis 27. Februar im Kongress am Park in Augsburg statt. Kongresspräsident Prof. Jan Rémi, stellvertretender Klinikdirektor der Neurologie am LMU Klinikum München, stellt das Thema „Neuronale Funktion: Verstehen, Erhalten, Modulieren“ in den Mittelpunkt.
Kongresspräsidentin 2025
Prof. Susanne Schubert-Bast
DGKN-Präsidentin 2024/25, Leitende Oberärztin der Neuropädiatrie am Epilepsiezentrum der Universitätsmedizin Frankfurt am Main
Kongresssekretärin 2025
Dr. Catrin Mann,
Klinik für Neurologie der Universitätsmedizin Frankfurt am Main
Kongressorganisation
DGN Service GmbH
DGKN-Pressestelle
albertZWEI media GmbH, Sandra Wilcken
Kongresswebsite
kongress.dgkn.de